Einfühlsamkeit bei älteren Patienten🥰👴🏼 – Immer in die Zukunft blicken? | Die Spreewaldklinik
Die Kamera schwenkt durch das Zimmer, hier ein älterer Herr, kaum mehr ambulant mobil – und doch mit wachem Blick. In einer Szene der Serie „Die Spreewaldklinik“ wird ein Thema angerissen, das uns berührt und nachdenklich stimmt: Einfühlsamkeit im Umgang mit älteren Patienten – und die Frage, ob man sie wirklich immer nur in die Zukunft blicken lassen sollte.
Wenn wir über ältere Patient*innen sprechen, neigen wir leicht dazu, die Vergangenheit als abgeschlossene Geschichte zu sehen – als etwas, das «vorbei» ist. Vielleicht ist da gewesen – eine Ehe, ein Lebensweg, Verletzungen, Verluste. Und jetzt steht der Mensch vor uns, mit einer neuen medizinischen Situation: Immobilität, Krankheit, vielleicht auch Einsamkeit. In der Szene sieht man es: der Patient verweigert Fernseher, Smartphones, Dinge, die «man im Alter doch haben muss». Er sagt: „Alles wird besser, wenn man nach vorne schaut“ – doch zugleich spricht er von seiner Frau, die vor Jahren gestorben ist, von Momenten, die ihn verfolgen.
Diese ambivalente Haltung – einerseits nach vorne schauen, andererseits die Vergangenheit nicht ausblenden – trifft den Kern empathischer Versorgung. Einfühlsamkeit bedeutet hier nicht nur freundliches Lächeln oder fachgerechte Therapie. Es bedeutet, dass wir erkennen: Der ältere Mensch bringt eine Geschichte mit – mit Ängsten, Verlusten, Hoffnungen. Wenn eine Pflegerin sagt, „wenn Sie sich doch noch anders überlegen …“, dann zeigt das: Wir respektieren seine Haltung. Aber wir gehen auch mit.

In dieser Serie-Szene gibt es eine Momentaufnahme, in der die Vergangenheit sich meldet: Der Patient erwähnt, dass seine Frau ihn vor fast zwanzig Jahren verlassen hat – sie starb, während er noch im Schulbus war. Der Fernseher war ihr letztes Bild. Er verknüpft das Medium dann mit Verlust – und verweigert ihn. Würde man ihn nur in die Zukunft schicken – «Schauen Sie nach vorne!» – könnte das oberflächlich wirken. Denn: Was bringt es einem Menschen, die Zukunft zu adressieren, wenn er seine Vergangenheit nicht erst einmal in Ruhe betrachten konnte?
Einfühlsamkeit heißt also: Wir hören zu. Wir fragen nicht nur Was kommt?, sondern Was war?. In der medizinischen Praxis älterer Menschen bedeutet das konkret:
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Raum schaffen für Erinnerungen – nicht, um „im Gestern hängen zu bleiben“, sondern um anzuerkennen, dass jedes Leben eine Kontinuität hat.
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Die Wünsche respektieren – vielleicht möchte jemand nicht fernsehen, kein Smartphone, weil das Erinnerungen weckt oder Unruhe.
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Gleichzeitig sanft neue Perspektiven eröffnen – denn natürlich: Ein gewisses Maß an Zukunftsorientierung ist wichtig, etwa bei Genesung, beim Aufbau neuer Gewohnheiten, bei Begegnung mit Enkelkindern.
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Dabei die Balance wahren: Nicht ignorieren, was war; nicht nur auf das Kommende schauen – sondern beides integrieren.
In der Szene sagt der Arzt: „Ich habe mal gelesen, dass diese elektrische Strahlung …“ – und der Patient reagiert gelassen. Es entsteht eine Verbindung: Der Arzt respektiert seine Skepsis gegenüber Fernseher und Technik. Die Assistenz sagt: „Handys sind nicht wirklich gefährlich… wenn Sie jetzt beispielsweise ein Handy hätten, dann könnten Sie …“ Und wirklich, das Angebot ist da – doch er lehnt ab. Und das ist sein gutes Recht. Einfühlsamkeit heißt hier: nicht drängen. Sondern begleiten.
Was wir daraus lernen: Wenn ein älterer Patient sagt „Ich will nicht ständig nach vorne schauen“, dann heißt das nicht zwangsläufig, dass er resigniert oder aufgegeben hat. Es kann heißen: „Ich möchte heute leben – mit dem, was war, und mit dem, was ist“. Vielleicht bedeutet Zukunft für ihn: Nicht mehr große Lebensziele, sondern Stabilität, Würde, kleine Momente von Freude. Und wenn wir das respektieren, dann tragen wir zu einer menschlichen, warmen Behandlung bei – nicht nur zur medizinischen.
Schlussendlich: In der Serie zeigt sich – und im echten Alltag von Klinik und Pflege gilt dasselbe – dass Empathie nicht nur «Lächeln und trösten» ist, sondern wirkliches Verstehen. Verstehen, dass ein Mensch, der älter ist und krank wird, nicht nur ein Fall ist, sondern ein Leben – mit Vergangenheit und vielleicht nicht ohne Ängste vor der Zukunft. Einfühlsames Handeln heißt: ihm das Gefühl zu geben, gesehen zu werden – nicht nur als Patient, sondern als Mensch. Und ihm helfen, seine Zukunft zu gestalten, in seinem Tempo, mit seinen Mitteln, in seiner Weise.
Denn das, was zählt, ist nicht nur immer nach vorne zu schauen – sondern auch, im Hier und Jetzt zu sein. Dem Älteren anbieten, sich auf morgen zu freuen – ja. Aber nicht auf Kosten der Würde von gestern. In dieser Balance liegt echte Mitmenschlichkeit. Und das zeigt diese Szene aus „Die Spreewaldklinik“ auf sensible, ruhige Weise.