“Die Rosenheim-Cops”-Star reagiert auf Zuschauer-Kritik: “Schimpfen trotzdem”

An diesem Abend lag die Luft im Rosenheimer Polizeipräsidium dick von kaltem Kaffee und Erschöpfung. Das sonst so strahlende Lächeln von Sekretärin Miriam Stockl war einer gespannten Miene gewichen. Die Neonlichter im Flur flackerten und warfen lange, verzerrte Schatten.

Hauptkommissar Korbinian Hofer lehnte sich in seinem Stuhl zurück und starrte auf den Obduktionsbericht. Der Fall um Professor Hannes Berger, einen prominenten Kunstkritiker, der in einer stürmischen Nacht in seiner antiken Villa ermordet aufgefunden wurde, hatte die Öffentlichkeit seit einer Woche in Aufruhr versetzt. Alle Zeugen versicherten, keine verdächtigen Personen im Umfeld des Anwesens bemerkt zu haben.

Die Rosenheim-Cops"-Star reagiert auf Zuschauer-Kritik: "Schimpfen trotzdem"  | Abendzeitung München

„Schon wieder ein anonymer Brief, Korbinian“, seufzte Kommissar Sven Hansen und legte einen cremefarbenen Umschlag auf den Tisch. „Der Ton ist derselbe: ‚Ihr seid zu nichts nutze. Der Mörder läuft frei herum und lacht über die Ohnmacht der Rosenheimer Polizei.‘“

Hofer runzelte die Stirn. Der öffentliche Druck war immens gestiegen. Die Boulevardpresse titelte unaufhörlich über die „Trägheit“ der Polizei, und in den sozialen Medien verbreiteten sich Kritik und Urteile über die Ermittlungsarbeit wie ein Lauffeuer.

„Habt ihr die Herkunft der Briefe überprüft, Sven?“, fragte Hofer, seine sonst so ruhige Stimme klang leicht angespannt.

„Maschinengeschrieben, Standardpapier und -umschläge, keine Fingerabdrücke. Völlig aussichtslos“, schüttelte Hansen den Kopf. Er rieb sich müde die Schläfen. „Die Leute sind stinksauer, Korbinian. Der Fall beunruhigt sie. Ich habe heute auf der Straße gehört, wie einige sagten, wir würden ‚nur Kaffee trinken und Weißwurst essen‘.“

Bei diesen Worten zuckte Hofers Mundwinkel unmerklich. Er stand auf und ging zum Fenster, um in die düstere Nacht hinauszublicken. „Dass sie schimpfen, ist unvermeidlich, Sven. Das ist ihre Reaktion, wenn sie Angst und Ohnmacht empfinden. Sie brauchen ein Ventil, und unser Team ist das einfachste Ziel.“


Die Beobachtete Beobachterin

Draußen, unter der schwachen Straßenbeleuchtung, stand eine Frau mit einem dicken Mantel und tief ins Gesicht gezogenem Mützenrand, an eine Steinmauer gelehnt. Sie verfolgte jede Bewegung der Polizisten. In ihrer Hand hielt sie ein Handy, das eine Nachrichtenseite anzeigte: Fotos von Hofer und Hansen waren eingekreist, darunter die große Überschrift: „Das Versagen von Rosenheim!“

Ein kaltes, kaum wahrnehmbares Lächeln huschte über ihr Gesicht.

Sie war Anna Müller, eine ehemalige Angestellte von Professor Bergers Kunstgalerie, die er wegen einer erfundenen Anschuldigung in aller Öffentlichkeit entlassen hatte. Aber das war nicht alles. Anna trug ein viel schrecklicheres Geheimnis mit sich: Sie war die Tochter jenes Kunstkritikers, dessen Ruf Berger zehn Jahre zuvor öffentlich zerstört und so in den Suizid getrieben hatte. Die Rache war im Stillen, geduldig gereift.

Die Spannung steigt: Anna wollte nicht nur Berger töten. Sie wollte das Vertrauen in den Rechtsstaat zerstören, beweisen, dass selbst die Hüter der Gerechtigkeit nur leere Hüllen sind, die leicht zu manipulieren sind. Die anonymen Briefe, die aufwieglerischen Posts in den sozialen Medien – all das hatte sie inszeniert, um eine Welle der Empörung in der Gemeinschaft zu erzeugen.


Die Plötzliche Wende

Zurück im Büro drehte sich Hofer abrupt um, seine Augen blitzten scharf. „Ignorieren Sie das Geschimpfe. Wir sind Polizisten, keine Politiker. Unsere Aufgabe ist es, die Wahrheit zu finden, nicht die Zustimmung. Sie dürfen uns beschimpfen, aber wir müssen unsere Arbeit machen.

Er klatschte entschlossen in die Hände. „Sven, fahren Sie zurück zum Tatort. Dieses Mal sehen Sie sich den großen antiken Spiegel im Wohnzimmer genau an. Professor Berger war besessen von Kunst, besonders von der Reflexion. Vielleicht gibt es ein Detail über die Spiegelung, das wir übersehen haben.“

Hansen war überrascht. „Der Spiegel? Aber das ist doch nur ein gewöhnliches Antiquitätenstück…“

„Nichts ist gewöhnlich in einem Mordfall“, unterbrach ihn Hofer. „Ich habe das Gefühl, der Mörder wollte, dass wir etwas anderes sehen, aber wir haben uns zu sehr auf das Offensichtliche konzentriert.“


Das Fesselnde Duell der Gedanken

In der Villa kehrten Hansen und das Forensik-Team zurück. Der fast zwei Meter hohe Spiegel, dessen Rahmen mit komplexen Barockmustern geschnitzt war, thronte im Wohnzimmer.

„Überprüfen Sie den Reflexionswinkel, genau dort, wo das Opfer gewöhnlich stand, wenn er Wein trank“, befahl Hansen.

Der Forensiker leuchtete mit UV-Licht. Nichts. Hansen war zutiefst enttäuscht. Hatte Hofer sich geirrt? Er erinnerte sich wieder an die Kritik der Öffentlichkeit und fühlte, wie der Druck ihn erdrückte.

Genau in diesem Moment blitzte ein Lichtstrahl von draußen durchs Fenster und traf den Spiegel.

Hansen kniff die Augen zusammen und trat näher. Er entdeckte etwas Erstaunliches: In der oberen rechten Ecke des Spiegelrahmens befand sich ein winziger, fast unsichtbarer Kratzer. Dieser Kratzer stammte nicht von altersbedingter Abnutzung, sondern von einem scharfen Gegenstand.

„Vergrößern Sie diesen Kratzer“, sagte Hansen eilig.

Als der Techniker dies tat, entdeckten sie, dass im Inneren des Kratzers eine extrem kleine Stofffaser steckengeblieben war.

„Überprüfen Sie Material und Farbe der Faser“, befahl Hansen, sein Herz hämmerte.

Wenige Stunden später lag das Ergebnis im Präsidium vor. Die Faser war Seide, indigoblau gefärbt, eine extrem seltene Stoffart, die nur für Kostüme bei Aufführungen in der Münchner Staatsoper verwendet wurde.

Hofer und Hansen sahen sich an.

„Münchner Staatsoper…“, murmelte Hofer. „Wer dort hat eine Verbindung zu Professor Berger? Wer ist dramatisch und raffiniert genug, um eine solche mörderische ‚Aufführung‘ zu inszenieren?“

Sven Hansen suchte sofort nach ehemaligen Mitarbeitern und Kollaborateuren Bergers. Der Name Anna Müller, die früher für Berger gearbeitet hatte und dann als freiberufliche Kostümbildnerin an die Münchner Staatsoper gewechselt war, tauchte auf.


Das Eiskalte Ende

Noch in derselben Nacht stürmte die Rosenheimer Polizei Anna Müllers Wohnung.

Sie saß seelenruhig in einem Sessel und trank Tee. Ihr indigoblauer Seidenumhang, dem am Handgelenk eine winzige Faser fehlte, hing ordentlich am Haken. Die Mörderin war entlarvt.

„Sie haben alles inszeniert, Anna“, sagte Hofer, seine Stimme tief und kalt. „Von den anonymen Briefen, dem Geschimpfe im Netz, bis zum Mord. Sie wollten, dass jeder unsere Ohnmacht sieht, um Ihren Vater zu rächen und das Vertrauen in die Gerechtigkeit zu zerstören.“

Anna lächelte, ein Lächeln voller Hass und Wahnsinn.

„Ganz genau“, flüsterte sie leise. „Sie schimpfen trotzdem. Sie werden immer auf die Polizei schimpfen, auf die Regierung schimpfen, auf die ganze Welt schimpfen. Ich habe ihnen nur geholfen. Ich habe bewiesen, dass unter der friedlichen Oberfläche von Rosenheim ein Chaos herrscht, das Ihre Polizei niemals kontrollieren kann.“

Hofer schwieg. Er gab Hansen ein Zeichen. Anna Müller wurde Handschellen angelegt.

Der Fall war gelöst. Aber als Hofer und Hansen die Wohnung verließen, wussten sie, dass das „Schimpfen trotzdem“ der Öffentlichkeit niemals aufhören würde. Druck war ein unvermeidlicher Teil ihrer Arbeit, und sie würden sich ihm immer stellen müssen, egal welchen Fall sie lösten. Die Wahrheit ist ein Sieg, aber die menschliche Skepsis und Empörung sind ein endloser Kampf.