“Die Rosenheim-Cops” bei ZDF verpasst?: Wiederholung von Episode 1, Staffel 12 online und im TV
Grasegger runzelte die Stirn. Ein Fehler von 0,8 Sekunden war marginal, fast vernachlässigbar. Normalerweise hätte sie ihn als Minor Glitch abgetan. Aber ihre akribische Seele ließ ihr keine Ruhe. Ein unerklärlicher Sprung in einer perfekt archivierten Datei war wie ein kleiner, unsichtbarer Riss in einer ansonsten makellosen Porzellantasse.
Sie zoomte in die Schnittmarke 42:15. Die Szene war harmlos: Frau Stockl, die Sekretärin, lieferte im Kommissariat einen ihrer berühmten bayerischen Sprüche ab,
gefolgt vom ungläubigen Blick des Kommissars Stadler. Aber in jenen acht Zehntelsekunden, in denen die Diskrepanz lag, wirkte Stadlers Gesichtsausdruck nicht ungläubig, sondern erschrocken. Es war ein Ausdruck purer, unverfälschter Panik, die sofort wieder von seinem professionellen Pokerface überdeckt wurde.
Das ist keine Schauspielerei, dachte Grasegger. Das ist eine Reaktion.
Akt II: Der ungebetene Schatten
Angestachelt von einem kalten Schauer, der ihren Rücken hinunterlief, begann Grasegger die manuelle Wiederherstellung. Sie musste auf die ursprüngliche Master-Kopie zugreifen, die physische DAT-Kassette, die noch tief im Untergrundarchiv lagerte.
Sie verließ den Kontrollraum und fuhr mit dem Lastenaufzug in die dritte Unterebene. Dort unten herrschte eine Temperatur, die alte Filme konservieren sollte, aber die Luft war stickig und roch nach Ozon und altem Plastik.
Das Archiv war ein Labyrinth aus mobilen Regalen. Sie fand die Kassette: RHC S12E01 – MASTER ORIGINAL. Der Plastikbehälter war leicht beschädigt.
Als sie die Kassette zurück in den Kontrollraum brachte und in das Lesegerät einlegte, bemerkte sie auf ihrem Schreibtisch ein kleines, dunkles Objekt. Es war ein Stück Kieselstein, kein gewöhnlicher. Es war die Art von Kiesel, die nur an den Ufern der Mangfall in Rosenheim vorkam.
Ihr Puls beschleunigte sich. Die Tür zum Kontrollraum war verschlossen gewesen. Wer war hier? Und wie?
Der Kieselstein war eine Nachricht. Eine Warnung.
Sie sah sich panisch um. Die Glasscheiben des Kontrollraums reflektierten nur die blinkenden Lichter der Server.
Sie ignorierte den Kieselstein und konzentrierte sich auf den Monitor. Das Band war geladen. Sie spulte vor zur kritischen Stelle.
42:14.00. Stockl lächelt. 42:14.50. Stadler starrt in die Ferne. 42:15.00.
Auf dem Originalband gab es keinen Sprung. Die Szene lief fließend weiter. Aber was sie sah, war nicht, was gesendet wurde.
Im Hintergrund, in der Ecke des Kommissariats, wo im gesendeten Material nur eine harmlose Topfpflanze stand, zeigte das Originalband für jene entscheidenden 0,8 Sekunden etwas völlig anderes. Man sah einen Schatten – groß, hastig. Und dann, viel schlimmer, den Blitz eines reflektierenden Metalls in der Hand eines Mannes, der sich sofort hinter einer Aktentasche verbarg. Es war ein Crew-Mitglied, aber seine Bewegung war feindselig.
Grasegger erkannte, dass die gesendete Version der Episode nicht nur einen Zeitsprung hatte, sondern in jenen 0,8 Sekunden eine völlig andere Aufnahme des Hintergrunds unterlegt worden war – eine saubere, harmlose Aufnahme der Topfpflanze.
Jemand hat in Echtzeit einen Zwischenfall auf dem Set von S12E01 vertuscht. Und sie haben das Masterband mit dem Ersatzmaterial überspielt.